Betreuungsunterhalt vom Expartner – Sendeanstalt und Sendedatum: SWR, Samstag, 14. Mai 2011

Obwohl die Liebe für immer und ewig sein sollte, halten Liebesbeziehungen häufig nur noch wenige Jahre. Jede dritte Ehe wird geschieden. Hat das Paar Kinder bekommen, so sind sie über das Sorgerecht dennoch einander verbunden. In der Regel bleibt das gemeinsame Sorgerecht der Eltern auch nach der Scheidung erhalten. Meistens betreut jedoch die Mutter die Kinder, während der Vater regelmäßig Umgang mit ihnen hat. Nach Trennung und Scheidung ist er verpflichtet, dem Kind Unterhalt zu zahlen. Die Mutter ihrerseits hat einen Anspruch auf finanzielle Unterstützung, den sogenannten Betreuungsunterhalt. Dies gilt auch für Paare, die nicht miteinander verheiratet waren.

Unterhalt – ein ewiger Streitpunkt

Über den Unterhalt für den betreuenden Elternteil gibt es häufig Streit – wegen Höhe und Dauer der Zahlung. Die Bereitschaft, für den Lebensunterhalt der früheren Partnerin aufzukommen, ist meist nicht sehr groß. Geht der Unterhaltsverpflichtete eine neue Beziehung ein, bekommt er weitere Kinder, so ist er auch da zum Unterhalt verpflichtet. Seine finanziellen Möglichkeiten werden immer enger. Die nunmehr alleinerziehende Mutter muss sich um die Kinder kümmern und sich auch meist noch um ihre eigene Existenz kümmern.

Streit um den Unterhalt gelangt häufig vors Gericht. Das oberste deutsche Familiengericht, der Bundesgerichtshof (BGH), weist seit längerem die unteren Gerichten auf die Einhaltung der neuen Regeln zum Unterhaltsrecht hin, zuletzt in der Entscheidung vom 30.3.2011 (BGH XII ZR 3/09).

Regeln für den Betreuungsunterhalt

Die ersten drei Lebensjahre eines Kindes kann der betreuende Elternteil, meistens die Mutter, zuhause bleiben, sie muss es aber nicht. Für ihren Unterhalt kommt dann neben dem Kindesunterhalt der Vater auf. Berechnet wird der notwendige Betrag anteilig von seinem Nettoeinkommen.

Ab dem dritten Geburtstag soll sich die Mutter um eigene Erwerbsmöglichkeiten kümmern. Sie ist jedoch in der Regel nicht verpflichtet sofort von Null auf Hundert eine Vollzeittätigkeit auszuführen, Teilzeit ist zunächst auch zugelassen, je nach den konkreten Lebensbedingungen. (BT-Drucks. 16/6980 S. 9; BGH XII ZR 20/09).

Entscheidend sind die kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten. Gibt es einen geeigneten Kindergarten oder Schulhort, so ist dieser zu nutzen. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 30.3.2011 (BGH XII ZR 3/09) deutlich gemacht: Bietet der Hort eine Betreuungsmöglichkeit bis 17 Uhr, so soll das Kind dort betreut werden, damit die Mutter Vollzeit arbeiten kann. Die persönliche Betreuung durch die Mutter hat keinen Vorrang mehr.

Allerdings muss dieses Betreuungsangebot nicht oder nicht im vollen Umfang genutzt werden, wenn es kindbezogene Gründe gibt für eine Betreuung zuhause, in der Familie. Die kindbezogenen Gründe müssen allerdings von einer gewissen Schwere sein. Gerade Scheidungskinder brauchen häufig mehr persönliche Betreuung, weil manche mit Verhaltensauffälligkeiten auf den familiären Stress reagieren und Schulnoten deutlich schlechter werden.

Das Familiengericht muss deswegen den Einzelfall genau unter die Lupe nehmen. Das Alter des Kindes allein ist kein Anhaltspunkt mehr (BGH XII ZR 20/09 vom 15.9.2010). Wer Betreuungsunterhalt in Anspruch nehmen möchte, muss vor Gericht sehr genau die Lebensbedingungen des Kindes und seine Betreuungsmöglichkeiten beschreiben, auch die Erwerbsmöglichkeiten der Mutter, ihre Belastungen im Haushalt usw. (BGHZ 180, 170; BGHZ 177, 272)

Eine sogenannte “überobligatorische Belastung” der betreuenden Mutter soll vermieden werden. Neben der mütterlichen Hausaufgabenbetreuung und der Begleitung des Kindes zu Freizeitaktivitäten wie Sport oder Musikunterricht, neben Kochen und Haushalt soll genügend Zeit bleiben für Zuwendung und Gespräche mit dem Kind. Familiengerichte müssen dabei im Blick haben, dass auch die alleinerziehende Mutter trotz Vollzeitbeschäftigung freie Zeit für sich selber braucht (BGH XII ZR 102/08 und BGHZ 177, 272).

Haltung des Gesetzgebers – Wandel der Familienpolitik

Seit dem 1.1.2008 gilt das neue Unterhaltsrecht. Mit der Reform des § 1570 BGB hat der Gesetzgeber das frühere Altersphasenmodell abgeschafft. Entsprechend dem Ideal der Betreuung durch eine Vollzeitmutter galt früher: bis zum 8. Geburtstag durfte sie ganz beim Kind bleiben, der Vater hatte Unterhalt zu zahlen für Mutter und Kind. Bis zum 13. Lebensjahr genügte eine Teilzeittätigkeit. Heute gilt: Alleinerziehende Mütter sollen frühzeitig zur Erwerbstätigkeit zurückkehren und finanziell auf eigenen Füssen stehen.

Partnerschaftliche Kinderbetreuung oder Vollzeitmutter?

Für den Streit nach einer Trennung kann es hilfreich sein, wenn sich das Elternpaar schon in der Schwangerschaft über künftige Kinderbetreuung Gedanken macht. Anwälte und Anwältinnen empfehlen, das abgesprochene Betreuungsmodell vertraglich festzuhalten. Für das Kind kann es von immenser Bedeutung sein, dass nach einer Trennung die gewohnte Betreuungsform beibehalten wird. Und für die- oder denjenigen, der das Kind betreuen will, ist solch eine schriftliche Vereinbarung als Beleg sehr wichtig.

Urteile

§§ 1570, 1579 BGB

BGH XII ZR 3/09 vom 30.3.2011
BGH XII ZR 20/09 vom 15.9.2010
BGH XII ZR 102/08 vom 17.6.2009

Dieser Text informiert über den Fernsehbeitrag vom 14.05.2011. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert