Keine Verletzung des Elternrechts durch längerfristigen Umgangsausschluss wegen erheblichen sexuellen Kindesmissbrauchs

Die Kanzlei Recht am Ring informiert aus dem Familienrecht:

“Keine Verletzung des Elternrechts durch längerfristigen Umgangsausschluss wegen erheblichen sexuellen Kindesmissbrauchs”

In seinem Beschluss vom 03.04.2023 hat sich das Bundesverfassungsgericht mit der Verletzung des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG durch Umgangsausschluss aufgrund von erheblichem sexuellem Kindesmissbrauch beschäftigt.

Der Beschwerdeführer ist Vater von drei Kindern (geboren 2010, 2012 und 2017), die in einer mittlerweile geschiedenen Ehe mit der Mutter entstanden sind. Der Vater hat Ende März 2019 Selbstanzeige erstattet, weil er das damals 9-jährige Kind erheblich sexuell missbraucht hat. Das Ermittlungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da nach einem psychiatrischen Sachverständigengutachten die Aufhebung der Einsichtsfähigkeit gemäß § 20 StGB zumindest nicht ausgeschlossen werden konnte. Daraufhin verließ die Mutter mit den Kindern den Vater und es besteht seitdem auch kein Kontakt mehr zu den Kindern.

Das Oberlandesgericht schloss den Umgang des Beschwerdeführers mit allen drei Kindern bis zum 31.12.2024 aus, auf der Grundlage von § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB. Begründet wurde es damit, dass die geistig-seelische Entwicklung der Kinder ohne den Ausschluss konkret gefährdet wäre. Die beiden älteren Kinder lehnen seit längerer Zeit Umgangskontakte mit dem Vater nachhaltig ab. Insbesondere für das älteste Kind ist es aufgrund der bestehenden Traumafolgenstörung bedeutend, dass dieser Wille auch akzeptiert wird und er selbst über Kontakte zum Vater entscheiden kann. Bei Umgangskontakt zwischen dem jüngsten Kind und dem Vater besteht die Befürchtung, dass die von seinen älteren Geschwistern kommunizierten Ängste eine erhebliche Belastung darstellen. Hinzu kommt, dass die beiden älteren Kinder aufgrund von Angst und Sorge um das jüngste Kind mitbelastet würden.

Der Kindesvater sieht sich durch den Beschluss des Oberlandesgerichts in seinem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG verletzt. Das Bundesverfassungsgericht hat die von ihm erhobenen Verfassungsbeschwerde gar nicht erst zur Entscheidung angenommen, es liegen keine Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG vor. Der Umgangsausschluss entspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, auch unter Berücksichtigung der Gewährleistungen die aus Art. 8 Abs. 1 EMRK folgen.

Nach § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB kann das Umgangsrecht dann für längere Zeit oder auf Dauer eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Oberlandesgericht hat den längerfristigen Umgangsausschluss mit der Gefährdung des Wohls aller drei Kinder begründet. Dabei wurden die drohenden Kindeswohlgefährdungen zwischen den Kindern differenzierend nach Art, Schwere und Eintrittswahrscheinlichkeit hinreichend konkret benannt. Für diese Feststellungen wurde sich mit einem psychologischen Sachverständigengutachten, der mündliche Erläuterung dieses Gutachtens vor dem Oberlandesgericht und der Anhörung der Verfahrensbeiständin sowie des Jugendamts auf eine hinreichend zuverlässige Grundlage für eine am Kindeswohl ausgerichtete Entscheidung gestützt. Es stand also eine „zuverlässige Tatsachengrundlage für die nach § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB maßgebliche Beurteilung von Kindeswohlgefährdungen zur Verfügung.“ Dass das Oberlandesgericht von einer Anhörung der Kinder unter Berufung auf § 159 Abs. 2 Nr. 1 FamFG abgesehen hat, ist fachrechtlich nicht grundsätzlich zu beanstanden.

Es konnte keine Verletzung des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG des Beschwerdeführers festgestellt werden.

BVerfG, Nichtannahmebeschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 03.04.2023 – 1 BvR 2353/22 (OLG Schleswig)

Für weitere Fragen oder Informationen zu diesem Thema aus dem Familienrecht, steht Ihnen die Kanzlei Recht am Ring aus Hamburg-Harburg gern zur Verfügung. 

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