Familienrecht: Was ist eigentlich ein Verfahrensbeistand?

Die Kanzlei Recht am Ring informiert aus dem Familienrecht:

“Was ist eigentlich ein Verfahrensbeistand?”

Diese Frage wird uns oft gestellt, wenn wir MandantInnen  in einer Kindschaftssache vertreten.

Denn in solchen Sachen bestellt das Familiengericht häufig einen Verfahrensbeistand.

Was sind Kindschaftssachen?

Das sind nach § 151 FamFG  alle dem Familiengericht zugewiesenen Verfahren, die betreffen:

  • das Umgangsrecht
  • das Sorgerecht
  • die Vormundschaft
  • eine Pflegschaft für einen Minderjährigen oder eine Leibesfrucht oder
  • die freiheitsentziehende Unterbringung eines Minderjährigen.

Außerdem wird der Verfahrensbeistand in Abstammungssachen nach § 169 FamFG tätig und in Adoptionssachen nach § 186 FamFG.

Das Gericht hat dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Dies ist in der Regel der Fall (§ 158 FamFG):

Der Verfahrensbeistand wird tätig in Kindschaftssachen, also in folgenden Angelegenheiten:

  • bei elterlicher Sorge, bei Verfahren nach den § 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge in Betracht kommt (Kindeswohlgefährdung),
  • wenn eine Trennung des Kindes von der Person erfolgen soll, in deren Obhut es sich befindet (§ 1666a BGB)
  • in Verfahren, die die Herausgabe des Kindes oder eine Verbleibensanordnung zum Gegenstand haben (§ 1632 BGB) oder
  • wenn der Ausschluss oder eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts in Betracht kommt (§ 1684 BGB).
  • bei Unterbringungsverfahren, wenn eine freiheitsentziehende Unterbringung des/der Minderjährigen (d. h. gegen dessen Willen und u. U. unter Anwendung von Gewalt durch die Polizei oder den Gerichtsvollzieher), etwa in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtung, in Frage kommt (§ 1631b BGB).

Auch soll ein Verfahrensbeistand immer dann bestellt werden, wenn das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht. Davon wird z.B. ausgegangen, wenn zwei sorgeberechtigte Elternteile je verschiedene Ansprüche bezüglich des Kindes formulieren, etwa wenn anlässlich der Trennung der Eltern Uneinigkeit darüber besteht, bei welchem Elternteil das Kind zukünftig leben soll.

Der Verfahrensbeistand ist formeller Verfahrensbeteiligter und nicht einfach ein Zuschauer, oder unbeteiligter Dritter. Er kann daher z.B. gegen Entscheidungen des Familiengerichtes das Rechtsmittel der Beschwerde einlegen, über das vom Oberlandesgericht entschieden wird.

Der Verfahrensbeistand hat das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat daher bei seiner Stellungnahme sowohl das subjektive Interesse des Kindes (Wille des Kindes) als auch das objektive Interesse des Kindes (Wohl des Kindes) einzubeziehen, so steht es in der BT-Drucks. 16/6038, 239.  Er hat das Kind über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren. Soweit nach den Umständen des Einzelfalls ein Erfordernis besteht, kann das Gericht dem Verfahrensbeistand die zusätzliche Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken. Im Volksmund wird ein Verfahrensbeistand auch „Anwalt des Kindes“ genannt. Ein Verfahrensbeistand muss aber kein Rechtsanwalt sein.

Das Gericht hat Art und Umfang der Beauftragung konkret festzulegen und die Beauftragung zu begründen. Der Verfahrensbeistand nimmt Einfluss auf eine kindgerechte Gestaltung des Verfahrens (Verfahrensdauer, Information des Kindes, Auswahl und Fragen an Sachverständige, Gestaltung der Kindesanhörung) und hat im Interesse des Kindes wenn nötig Rechtsmittel einzulegen. Wird das Kind angehört, ist er dabei. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Kindes. Der Verfahrensbeistand nimmt seine Aufgabe selbstständig und eigenverantwortlich wahr.

Auch in der Kanzlei Recht am Ring vertreten wir Kinder als Verfahrensbeistände vor Gericht. Wir besuchen die Kinder zu Hause – oder bei den Pflegeeltern oder in Kinderschutzeinrichtungen. Wir führen Gespräche  mit den Kindern, oder- falls die Kinder noch zu klein sind – mit ihren Betreuern.

Wir sprechen mit den Kindeseltern, um uns ein eigenes Bild zu machen, aber auch mit Lehrern, Kitas und sonstigen Vertrauenspersonen der Kinder.

Wir bleiben während eines gesamten Verfahrens Ansprechpartner für die Kinder.

 

3 Antworten zu "Familienrecht: Was ist eigentlich ein Verfahrensbeistand?"

  1. Vielen Dank für die Erklärung was Verfahrensbeistand bedeutet. Ich finde es gut, dass das Gericht verpflichtet ist einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, damit die Rechte eine Kindes auch vertreten werden. Interessant, dass ein Verfahrensbeistand kein Rechtsanwalt sein muss.

  2. Auch im Rahmen meiner Scheidung ist von der Bestellung eines Verfahrensbeistandes für unseren Sohn die Rede. Ich befinde es für äußerst sinnvoll, eine Person mit Kenntnissen des Familienrechts als Beistand für meinen Sohn anwesend zu haben. Die Gespräche mit mir als Mutter, mit seinem Klassenlehrer etc. sehe ich als empfehlenswert an. Vielen Dank für diesen Beitrag!

  3. Die Rolle des Verfahrensbeistands ist von entscheidender Bedeutung, um die Interessen des Kindes in rechtlichen Verfahren zu vertreten. Es ist beeindruckend, wie sorgfältig und umfassend der Verfahrensbeistand arbeitet, um sowohl das subjektive als auch das objektive Interesse des Kindes zu berücksichtigen. Die Arbeit, die Sie in Ihrer Kanzlei leisten, um Kinder als Verfahrensbeistände zu vertreten, ist von unschätzbarem Wert und trägt dazu bei, die Rechte und das Wohl der Kinder zu schützen.

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