Familienrecht: „Unsachgemäße medizinische Behandlung als Kindeswohlgefährdung.“

Die Kanzlei Recht am Ring informiert aus dem Familienrecht:

„Unsachgemäße medizinische Behandlung als Kindeswohlgefährdung.“

Das entschied das Oberlandesgericht Köln in seinem Beschluss vom 22.12.2022 (14 UF 180/22).

Dabei ging es um ein Kind, das seit seinem achten Lebensjahr an Diabetes Mellitus Typ 1 leidet und seit 2021 im Haushalt des Vaters lebt. Mehrmals kam es zu erheblichen medizinischen Fehlversorgungen des Kindes, was auch eine stationäre Behandlung notwendig machte. Daraufhin regte das Jugendamt die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens an. Die hier erteilten Zusagen des Vaters zur medizinischen Versorgung des Kindes wurden nicht eingehalten. Der beauftragte Sachverständige sah in der zum Großteil auf das Kind übertragenen Verantwortung für die Behandlung der Diabetes eine Kindeswohlgefährdung. Als das Kind im Oktober 2022 mit lebensgefährlich erhöhten Werten wieder stationär aufgenommen wurde, entzog das Ausgangsgericht den Eltern das Recht der Gesundheitsfürsorge und der Aufenthaltsbestimmung (soweit mit der medizinischen Versorgung und dem Aufenthalt in einer Klinik im Zusammenhang stehend). Hiergegen wendet sich der Vater des Kindes und regt eine Übertragung der entzogenen Teilbereiche des Sorgerechts auf seine Person an.

Der Senat hat die Beschwerde zurückgewiesen. Um eine akute Gesundheitsgefährdung des Kindes zu vermeiden, bedarf es der Einhaltung bestimmter medizinischer Vorgaben, wie etwa der Messung des Blutzuckerspiegels vor den Mahlzeiten und die Einhaltung von Essabständen. Zudem fehlt es an einer täglichen Routine und es ist zu beachten, dass der Vater täglich mindestens elf Stunden berufsbedingt nicht Zuhause ist. Auch mangelt es nach Angaben des Ergänzungspflegers in der Wohnung an Sauberkeit, Organisation und Regelmäßigkeit. Hinzu kommt, dass der Vater sein Kind weder bei der Akzeptanz der Krankheit ausreichend unterstützt noch bei der Inanspruchnahme von Hilfsmaßnahmen. Das Kind hat mittlerweile zwar selbst das erforderliche Wissen für die Behandlung der Diabetes, jedoch wird Unterstützung bei der Organisation von Rezepten, Medikamenten sowie Hilfsmitteln benötigt. Das Kind hält sich regelmäßig bei der Großmutter auf und isst dort auch, die Großmutter verfügt aber über keinerlei Kenntnisse bezüglich der Erkrankung. Die Mutter verweigert gegenüber dem Kind den Austausch über die Erkrankung gänzlich.

Der Entzug der Teilbereiche Gesundheit und Aufenthaltsbestimmungsrecht (hinsichtlich der Diabetes-Erkrankung) ist nach dem OLG Köln geeignet, der Kindeswohlgefährdung entgegenzuwirken. Ein milderes Mittel ist nicht ersichtlich. Nun kann ein Ergänzungspfleger Aufgaben wie die Vereinbarung von Krankenhausterminen und das Besprechen von Blutwerten mit dem Kind übernehmen.

Kinder haben einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf staatlichen Schutz, wenn ihre Eltern ihrer Pflege- und Erziehungsverantwortung nicht gerecht werden oder aus anderen Gründen dem Kind den erforderlichen Schutz nicht bieten können (Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 GG i.V.m. Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG). Dieser Beschluss zeigt, in welcher Form der Staat dieser Schutzpflicht nachkommt.

Sollten Sie noch weitere Fragen haben oder mehr Informationen zu diesem Thema aus dem Familienrecht wünschen, steht Ihnen die Kanzlei Recht am Ring aus Hamburg-Harburg gern zur Verfügung.

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