Kanzlei Recht am Ring mit Schwerpunkt Familienrecht informiert über eine Entscheidung des BGH
Es ist allgemein bekannt: Grundsätzlich müssen Eltern ihren Kindern bis zum Abschluss einer Berufsausbildung Unterhalt zahlen.
Was aber ist, wenn die Jugendlichen/jungen Erwachsenen erst Jahre nach ihrem Schulabschluss mit einer Ausbildung beginnen?
Oft waren die Eltern dann nicht mehr verpflichtet, die Ausbildung zu finanzieren, weil die Gerichte einen maximalen Orientierungzeitraum zwischen Schule und Ausbildung von einem Jahr als überschritten angesehen haben mit der Folge, dass die Eltern nicht mehr haben damit rechnen müssen, vom Kind in Anspruch genommen zu werden.
Der BGH hat diese Frage jetzt neu entschieden: Junge Menschen können sich künftig mehr Zeit für die Suche nach einem Ausbildungs- oder Studienplatz lassen. Er billigte in einem Urteil eine Auszeit von drei Jahren.
Maßgeblich sei, dass die Jugendlichen die Zeit nutzen, um einen Ausbildungsplatz zu finden.
Die Richter gaben damit einer heute 24-jährigen Frau Recht, die ihren Vater auf Unterhalt verklagt hatte. Sie hatte sich nach ihrer mittleren Reife mit mäßigem Notendurchschnitt drei Jahre lang mit Gelegenheitsjobs und Praktika durchgeschlagen. Als sie schließlich 2010 eine Ausbildung zur Verkäuferin begann, wollte der Vater nicht zahlen. Sie habe sich zu viel Zeit zwischen Schule und Ausbildung gelassen, lautete sein Argument. Die Vorinstanzen hatten den Mann zu einem monatlichen Unterhalt von 218 Euro verpflichtet.
Aber auch nach drei Jahren könne das Kind noch seine Verpflichtung erfüllt haben, sich “planvoll” und “zielstrebig” um eine Ausbildung zu bemühen, und hob hervor: gerade schwächere Schüler seien darauf angewiesen, mögliche Arbeitgeber durch Motivation und Interesse von sich zu überzeugen. Dies könne beispielsweise auch durch vorgeschaltete Orientierungspraktika oder Gelegenheitsjobs geschehen.