Kindesunterhalt: Zahlungsverpflichtung, trotz voller Erwerbsminderung?

Kindesunterhalt: Zahlungsverpflichtung, trotz voller Erwerbsminderung?

Nicht nur bei uns in der Kanzlei Recht am Ring, sondern auch in unserem Familienrecht, ist das oberste Gebot immer das Wohl der im familienrechtlichen Streit betroffenen Kinder.

Dieses ist eines der Leitprinzipien, das in prozessualen und sachrechtlichen Normen seinen Ausdruck findet. Von der Festlegung der vorrangigen örtlichen Zuständigkeit in Ehesachen bei dem Gericht, in dessen Bezirk etwaige minderjährige Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 122 FamFG) bis hin zum Umgangsrecht von Personen, die nicht Eltern des Kindes sind, diesem aber trotzdem nahe sind und ihm gut tun, vgl. § 1685 BGB, liegt der Fokus auf dem Wohl der Kinder.

Ausdruck findet dieses Prinzip auch in der Rechtsprechung zum Unterhaltsrecht.

Erst kürzlich entschied der BGH, dass sogar voll erwerbsgeminderte Eltern grundsätzlich dazu verpflichtet sein können, zur Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht einen Mini-Job anzunehmen.

Damit kommt zum Ausdruck, dass an Schuldner von Kindesunterhalt viel intensiver herangetreten werden kann, als an Schuldner jeder anderen Verpflichtung. Denn Kindesunterhaltspflichtige unterliegen im Falle von minderjährigen Kindern einer gesteigerten Erwerbsobliegenheit. Das heißt, dass ihnen unter Umständen mehr als eine 40 Stunden Vollzeitstelle, oder eben auch ein Minijob trotz Erwerbsunfähigkeit zugemutet werden kann.

Im vorliegenden Fall war es, nach dem Dafürhalten des Gerichts, der Kindesmutter gesundheitlich noch zuzumuten, bis zu drei Stunden am Tag zu arbeiten. Für ihren Anspruch auf eine etwaige Erwerbsminderungsrente, anderer Sozialleistungen, oder gar die Eintreibung anderer Schulden wäre dies nicht relevant.

Als Mutter eines minderjährigen, unterhaltsbedürftigen Kindes jedoch, ist ihr das Einkommen, dass sie aus einem solchen Mini-Job erzielen könnte, bei der Berechnung der Höhe ihrer Unterhaltspflicht notfalls fiktiv anzurechnen. Dies gilt solange, bis eine totale Unzumutbarkeit irgendeiner Erwerbstätigkeit durch den Unterhaltsschuldner nachgewiesen wird.

Nähere Details zu dem Urteil lassen sich in dem hier aufgeführten  Artikel nachlesen. Bei weitergehenden Fragen zum Kindesunterhalt und allen anderen Themen aus dem Familienrecht steht Ihnen die Kanzlei Recht am Ring in Hamburg-Harburg natürlich gern zur Seite

12 Antworten zu "Kindesunterhalt: Zahlungsverpflichtung, trotz voller Erwerbsminderung?"

  1. Schöner Artikel! Wir beschäftigen uns auf unserem Blog ebenfalls mit Scheidung, Unterhalt & Kindergeld sowie Themen rund ums Familienrecht und sind interessiert am gegenseitigen Austausch. Bei Interesse könnt ihr gerne mal vorbeischauen: https://www.scheidung.de/

    LG

  2. Danke für die guten Informationen zum Familienrecht. Ein Bekannter lebt von Erwerbsminderung. Für ihn sollten dies Informationen sehr wertvoll sein. Ich werde ihm diese Infos gerne weiterleiten.

  3. Ein Freund lässt sich derzeit von seiner Partnerin scheiden. Er muss sich im Zuge dessen ebenso mit dem Familienrecht auseinandersetzen. Er meinte, dass es gar nicht so leicht ist immer für das Kind zu entscheiden, schließlich ist man auch als Elternteil nur ein Mensch.

  4. Es ist doch so.
    Was darf ich, als voller Erwerbsminderungsrentner, was kann ich und wozu bin ich noch fähig.
    Gibt es den richtigen Mini Job und nimmt mich der Chef.
    Das ist doch erstmal Voraussetzung, um sein Einkommen zu verbessern.
    Und dann danach kann man rätseln, was zum zahlen, von Unterhaltsschulden übrig bleibt.
    Ich kann an einem Tag, unter drei Stunden arbeiten.
    Und in dieser kurzen Zeit, muss ich langsam machen.

  5. Bestimmt kann die Scheidung der Eltern für ein Kind mit viel Stress verbunden zu sein. Das Thema Kindesunterhalt mag für manche Leute nicht immer gut verständlich sein. Deswegen mag dieser Beirag für die Betroffenen hilfreich sein.

  6. Ist das nicht auch irgendwie durch das Familienrecht gedeckelt? Wie kann denn jemand für sein Kind aufkommen, wenn er für sich selbst kaum sorgen kann? Andererseits wäre in einer funktionierenden Beziehung der Partner für diese Person verantwortlich.

  7. Interessant, dass man sogar bei Erwerbsminderung dazu verpflichtet sein kann seinen Pflichten den Kindesunterhalt zu stellen nachzukommen. Ich finde das jedoch gut, denn der überwiegend betreuende Elternteil muss ebenfalls unter fast allen Umständen den eigenen Teil zur Betreuung des Kindes beitragen. Der zahlende Elternteil sollte aus Gründen der Fairness und zum Wohle des Kindes vom Familienrecht nicht weniger in die Pflicht genommen werden.

  8. Die Scheidung der Eltern kann für ihre Kinder ziemlich stressig sein. Solche Themen wie Kindesunterhalt, Sorgerecht und Umgangsrecht mögen für viele Leute nicht immer verständlich sein. Daher wird dieser Beitrag für die Betroffenen hilfreich sein.

  9. Der Ex-Mann einer Kollegin weigert sich Unterhalt für sein Kind zu zahlen. Meiner Kollegin wird es freuen, dass im Familienrecht immer das Wohl des Kindes im Fokus liegt. Vielleicht sollte sie einen Anwalt einschalten.

  10. Mein Onkel lässt sich von seiner Frau scheiden. Danke für den Tipp, dass im Scheidungsrecht trotz Erwerbsunfähigkeit unter Umständen weiterhin Unterhalt für Minderjährige geregelt ist. Ich wusste nicht, dass man als Kindesunterhaltspflichtiger einer gesteigerten Erwerbsobliegenheit unterliegt.

  11. Sehr aufschlussreicher Artikel über die Rechtsprechung zum Kindesunterhalt und die Erwerbsminderung! Das Thema ist in der Tat ein sehr sensibles und komplexes Feld. Der vorliegende Fall zeigt deutlich, wie wichtig es ist, stets das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt zu stellen, selbst wenn die Eltern erwerbsgemindert sind. Dennoch sollte man dabei stets die individuelle Situation des Unterhaltspflichtigen berücksichtigen, wie es die Kommentatoren vor mir bereits angemerkt haben. Es ist beeindruckend, wie tiefgreifend und umfassend das Familienrecht in solchen Angelegenheiten ist.
    Ist Ihnen bei Ihrer Analyse auch aufgefallen, wie sich diese Regelung im internationalen Vergleich darstellt, insbesondere in Ländern mit einem ähnlich ausgeprägten Sozialsystem? Übrigens, Ihr Hinweis auf die Expertise im Medizinrecht ist sehr wertvoll, gerade in einem Bereich, der so eng mit der Gesundheit und der persönlichen Situation des Einzelnen verknüpft ist.

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